Juristische Stolpersteine
Höchstrichterlich zum Stand der Wissenschaft
„Seien wir doch mal ehrlich, am Ende entscheidet der Gutachter“, sagte mir eine erfahrener Anwalt. Es geht in sozialgerichtlichen Verfahren um Fachfragen, die ein Gericht nicht entscheiden kann und darf. Aber es gibt rechtliche Kriterien und rechtliche Regeln. Um letztere geht es in diesem Kapitel.
Das inhaltliche Wahrheitskriterium für Gutachten ist der Stand der Wissenschaft, definiert als der allgemein anerkannte Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis. Das ist ein Rechtsbegriff, eine rechtliche Wertung von Wissenschaft. Darüber redet keiner und deshalb werden Prozesse verloren.
Gerichte bewerten rechtlich. Die Misere der Nichtanerkennung und Psychiatrisierung chronisch Vergifteter liegt unter anderem daran, dass die Gerichte keine Überprüfung vornehmen, ob sich der Gutachter an die so definierte Wahrheit gehalten hat. Es ist eigentlich deren Pflicht, und das Amtsermittlungsprinzip macht eine solche Prüfung zu ihrer Aufgabe, ganz besonders dann, wenn die Klägerseite dies ausdrücklich rügt.
Dies bestätigt die höchstrichterliche Rechtsprechung (höchste Instanz) und zwar mehrfach. Das Bundessozialgericht (BSG) hat dazu drei Grundsatzurteile gefällt, zwei im Jahr 2006 und eins im Jahr 2011. Das BSG entscheidet auch entsprechend. Das jeweilige Landessozialgericht (LSG) hat „den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zugrunde zu legen, beziehungsweise den aktuellen Stand der Merkblätter etc. bei der Prüfung der objektiven Verursachung zu berücksichtigen” (BSG v. 24 Juli 2012, B 2 U 100/12, Unterstreichungen im Text des Urteils). Tut es das nicht, wird der Fall an das LSG zurückgewiesen (Revision). In diesem Fall ging es um das 2005er-Merkblatt zur BK 1317. Aber das LSG scherte sich auch bei der erneuten Verhandlung nicht um das Merkblatt, die Diagnosekriterien, die WHO etc. pp..
Nach meiner Erfahrung hat kein einziges Urteil in Sachen BK 1317 (Tox. Enzephalopathie durch Lösemittel) das neue Merkblatt von 2005 zugrunde gelegt. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand aus den ungeheuren wissenschaftlich-epidemiologischen Anstrengungen seit Ende der 80er Jahre und die Ordnung, die die WHO in einem entscheidenden Kongress (Kopenhagen 1985) in diesen Fundus gebracht hat, sind in der Rechtsprechung nicht angekommen. 1985 wurde die TE durch Lösemittel definiert. Zehn Jahre später wurde sie in Deutschland als Berufskrankheit (BK) anerkannt (1996). Dann wurde sie von Gutachtern der BG verfälscht (BK-Report 3/99). Nach Protest und Neuverhandlung im Sachverständigenbeirat wurde im Merkblatt von 2005 der anerkannte Stand der Wissenschaft nur teilweise wiederhergestellt. Die Gutachter ignorieren das. Die Kläger rügen dies nur selten und die Gerichte machen das nicht zur Prüfaufgabe.
Eine solche Schieflage ergibt sich immer dann, wenn eine Seite ihre Rechte nicht wahrnimmt. Der Rechtsstaat ist kein Automat. Er setzt Bereitschaft voraus. Genau diese haben die Betroffen und deren Organisationen vermissen lassen. Da muss man sich nicht wundern. Wer seine Rechte nicht wahrnimmt, bekommt sie auch nicht.
Einen Wissenschaftsstreit entscheiden Gerichte nicht, denn dazu sind sie weder geschaffen noch kompetent und deshalb auch nicht berechtigt. Manche tun es doch: In einem BG-Verfahren erschien der Richter mit der „BG-Bibel“ (Schönberger, Mertens, Valentin (2010)) dem Arm und fegte die völlig eindeutige Aktenlage beiseite, und riet dem Kläger das Angebot der BG anzunehmen. Dieser hat sich einschüchtern lassen und hat akzeptiert. Unglücklicherweise wurde er anwaltlich falsch beraten. Es war eine Vertretung, die die Akten nicht kannte. Hier wäre eine Abbruch und ein Befangenheitsantrag fällig gewesen. Ob das geholfen hätte sei dahingestellt. Aber es kommt darauf an, dass auf diesem Gebiet gefochten wird. In einem anderen Verfahren nannte der Vorsitzende jene „Rechtliche und medizinische Grundlagen für Gutachter, Sozialverwaltung, Berater und Gerichte“ als antizipiertes Sachverständigengutachten. Auf meine Nachfrage hat er zurückgerudert und es auf Stand der Wissenschaft zurückgestuft.
1. |
Mehr als 50% der Klageabweisungen basieren auf grob-falschen Entscheidungen des(r) Kläger(in)s. Hier existieren ganz einfach falsche Vorstellungen nach Bauchgefühl und helfen ausschließlich den Versicherungen und den Verursachern von Vergiftungen.
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Ein zweiter großer Anteil basiert darauf, dass die umweltmedizinischen Gutachter den Stand der Wissenschaft - allgemein anerkannter Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis – mit dem wissenschaftlichen Diskurs. Das ist tödlich. Denn Diskurs bedeutet, dass eben der Anerkennungsprozess noch nicht beendet ist. Alle neuesten Literaturstellen erleichtern die Klageabweisung.
3. |
Es gibt, aber auch falsche Rechtsberatung, wenn der Klägeranwalt auch glaubt, dass die Erkrankung seines Mandanten rätselhaft oder gar psychisch ist. Eine psychiatrische Reha entspricht eben nicht der Kooperationspflicht, sondern ist Körperverletzung.
Das sind die drei Stolpersteine, die das gerichtliche Scheitern zwingend machen, weil sie nie zu irgendeiner Diskussion geführt haben. Eine solche ist der einzige Weg heraus aus der Sachgasse, die die Phantomdebatte geschaffen hat. Wer eine Anerkennung will, muss sich mit den Mechanismen des Rechtsstaates befassen, Die Gegenseite hat es deshalb so leicht, obwohl im Unrecht, da sie die Differenz zwischen Recht haben und Recht bekommen kennen. Die interessiert ersteres nicht. Und den Opfern interessiert zweiteres nicht. So werden sie immer verlieren.
Routine – die Mühlsteine
Die Missachtung der rechtlichen Seite hat dazu geführt, dass die Betroffenen systematisch ruiniert werden, erst seelisch, dann finanziell und sehr oft schließlich auch körperlich. Denn die systemische Entzündung ist etwas Aktives, d. h. sie neigt mit ihren klinischen Konsequenzen eher dazu progredient als reversiv zu verlaufen.
Ein körperliche Endpunkt kann der Suizid sein oder das Wasting-Syndrom (bei vielen Giften kommt es über die systemische Entzündung zu einem Verfall: rasche Gewichtsabnahme und zunehmende Schwäche) oder Demenz (=TE3) wie in der Auseinandersetzung um den BK-Report 3/99 dargelegt und durch epidemiologische Studien mit Verlaufskontrolle nahegelegt (vgl. Teil I). Rea beschreibt die unterschiedlichen Endorganversagen nach langer MCS-Erkrankung (Rea 1997, Band III) – etwa lebensgefährliche Vaskulitis. Diese Entwicklung ist nicht nur der Haltung der sog. Schulmedizin geschuldet, die die systemische Entzündungen und die Chronifizierungen generell ignoriert, so dass es dazu kommt, dass etwa bekannt Immunkrankheiten in die Psychoecke gedrängt werden, weil ähnliche Symptommuster aufweisen, sondern auch der Interesselosigkeit der Betroffenen der rechtlichen Routine gegenüber.
Langer Prozess
Es ist der lange Prozess, der die Vergifteten zermürbt. Es sind erst einmal die langen Bearbeitungszeiten der Versicherungen. Dann das lange Warten auf den Termin beim Gutachter, was sich beim Widerspruchsverfahren wiederholt. Es dauert Jahre, bis der Versicherte überhaupt die Chance hat, eine Klage anzustrengen. Das ist gewollt; in den Widerspruchsbescheiden steht nichts Neues, aber die Behauptung, man habe nochmals sorgfältig geprüft.
In den Instanzen wiederholt sich das Ganze, nur noch langsamer.
Während all‘ der Zumutungen und den Enttäuschungen wächst die Resignation und leert sich die Kasse. Beides ist Sinn der Übung. Die langen Zeiten sind durch nichts zu rechtfertigen, zumal in diesen langen Zeiten nichts geschieht.
Das hat sich u. a. deshalb so eingespielt, weil es eine gewisse Zeit braucht, um das auszuradieren, was offensichtlich ist. An jedem Anfang der Verwaltungsakte findet sich die Wahrheit bzw. Informationen, die ihr nahe kommen – die ca. die ersten 20 Seiten, dann folgen 300 Seiten, in denen nachvollziehbar ist, wie der relevante Informationsgehalt Zweifel für Zweifel abgetragen wird. Sofern der Betroffene protestiert, dauert es nur umso länger.
Ein Nebeneffekt ist, dass die Akte immer länger und immer unlesbarer wird. Es entsteht die klassische Monsterakte, die mit vielen Worten das zu verbergen sucht, was man auf drei bis vier Seiten hätte sagen können.
Beweis ist dann geführt, wenn vernünftigen Zweifeln Schweigen geboten ist, und falls solche nicht zur Verfügung stehen, dann muss es eben ein großer Haufen unvernünftiger Zweifel dafür sorgen, dass die Klage abgewiesen werden kann. Es gibt keine rechtliche Handhabe, diese Folter abzukürzen. Kein Gericht geht davon aus, dass es Gutachter geben könnte, die routinemäßig ablehnen indem sie einfach die wissenschaftliche Aufklärung der 80er Jahre ignorieren und so einer flächendeckenden Körperverletzung Vorschub leisten. Auch Anwälte und deren Mandanten trauen sich nicht soweit vor. Bewusste Täuschung wird als nicht möglich erachtet.
Überforderung
Die Antragsteller werden in der Regel mit Fragebögen und Schriftverkehr überhäuft. Ich lehne jede vorgerichtliche Beratung – bis auf spezielle Ausnahmen – ab, seit ich einmal eine völlig überforderte Ehefrau eines Hirngeschädigten am Telefon hatte, die nur noch in Tränen ausbrach, weil ich einfach keine Hilfe, sondern ein Quälgeist war. Es erforderte ein Management mit Protokollführung und gezieltem Ärzteeinsatz, was die Betroffenen auch mit sachkundiger Beratung nicht leisten können.
Selbst wenn, wäre es Geldverschwendung. Die BG’ n sind fakten- und wissenschaftsresistent. Sie haben ihre Anleitung (s. o. Bullshit-Liste) wie sie beides zu Müll zu verarbeiten haben. Auch das setzt sich gerichtlich in gewisser Weise fort. Denn die Gutachter schließen sich oft dem an, was in den Bescheiden vorgefertigt worden ist. Das ist weniger Arbeit und es erübrigen sich dann auch Recherche und Abwägung etwa von Kombinationswirkung von Summeneffekten.
Entscheidend ist wie eingangs zitiert die Gutachterauswahl. Dies entscheiden in aller Regel die Versicherungen. Der Gerichtsgutachter gemäß §106 SGB ist entscheidend. Andere – etwa nach §109 – gelten weniger (Privatgutachten) und denen gegenüber wird von Seiten der Versicherungen ad hominem gearbeitet. Sachliche Auseinandersetzungen finden nicht statt, weder in rechtlichem Sinn – etwa die Frage nach dem Stand der Wissenschaft - noch in naturwissenschaftlichen Sinn – etwa die Frage des Einflusses der Zeit auf die Dosis.
Hier gilt es zu fighten: bei der Auswahl des Gerichtsgutachters. Vorgerichtlich ist dies so gut wie aussichtslos und bei Gericht bleibt oft nur der §109. Er bietet das Recht als Gutachter einen „Arzt des Vertrauens“ zu benennen. Aber der gilt eben als Privatgutachter und sollte er einmal ernst genommen werden. Wird dann eben ein neuer Gerichtsgutachter bestimmt, da es Ermittlungsbedarf gibt.
Solange also die Entscheidenden toxikologischen Themen der Langzeitbelastung gar keine Rolle bei der Bewertung spielen und solange der Gerichtsgutachter als neutral und sakrosankt gilt, werden die toxischen Invaliden außerhalb des Schutzrahmens unseres Rechtsstaates gestellt.
Vorverurteilung
Der Erlanger Fake hat durch Vertauschung von Ursache und Wirkung dafür gesorgt, dass der menschlichen Gemeinheit in Sachen Sozialrecht/Versicherungsrecht Tor und Tür geöffnet wurde. Das moralische Niveau, auf dem Menschen vernichtet werden, ist das des Oma-Schubsens. Wenn die Oma nicht gleich stürzt, ist es der Beweis, dass sie simuliert.
Der Erlanger Fake hat aus allen mit den Krankheitsbildern MCS, CFS, TE, TPNP, FM Omas gemacht. Wer Vergiftung sagt, wird als Spinner verstanden. Und es wird dann der Vollbeweis verlangt, der nur statistisch möglich wird. Da dieser schon existiert, wird nun noch der Nachweis einer hohen Exposition verlangt, die weder Ursache war noch vonnöten ist, da eine chronischer Vergiftung eben keine akute ist.
Rechtliches Bewertungsschema
Es war in der Zeit nach dem Erlanger Fake zu beobachten, dass auch andere rechtliche Bastionen als der gefälschte Stand der Wissenschaft geschliffen wurden. Es gibt sehr gute Regeln des Sozialrechts, deren Einhaltung in die Lage versetzen, der beschriebenen Situation beizukommen, d. h. zu prüfen, ob der Gutachter die Wahrheit sagt. Diese Regeln sind aus der Mode gekommen.
Von der wichtigen Unterscheidung von Gefahr, Vorsorge und Restrisiko war schon die Rede. Nun braucht es Fachkenntnisse, um zu bestimmen, ob eine Richtwert für chronische Belastungen maßgebend ist oder nur für akute. Man kann aber rechtlich prüfen, ob die Unterscheidung überhaupt thematisiert wurde. Die sozialrechtlichen Bewertung verlangt drei Schritte:
- Nachweis der Exposition, Vollbeweis
- Nachweis des Schadenseintritts, Vollbeweis
- Kausalität, Abwägungsprozess gemäß einfacher Wahrscheinlichkeit – „es spricht mehr dafür als dagegen“.
Und zwar in dieser Reihenfolge!!
Ich kenne kein Gutachten aus mehr als 25 Jahren, das sich daran hält. In dieser Zeit habe ich auch nur ein Urteil gelesen, das streng danach seine Urteilsfindung dargelegt hat.
Notorisch ist das Fehlen der Kausalitätsabwägung. Sie würde unübersehbar offenbaren, dass nur „Vergiftung“ den Zustand erklären kann. „Einfache Wahrscheinlichkeit“ klingt nicht sehr streng und auch etwas vage. Das Gegenteil ist aber der Fall. Es ist der Zwang einen vollständigen Überblick systematisch in Ja du Nein zu sortieren. Eine genaue Abwägung – also Gegenüberstellung einer Dafür- und einer Dagegen-Liste – ist der unbestechlichste Prüfstand, den es gibt. Jedes Fehl kann reklamiert werden und jeder versteht auch, ob und inwieweit ein Urteil reiflich abgewogen ist.
Für Bullshit ist es absolut tödlich. Deshalb fehlt sie immer.
Offensichtlich wussten die Konstrukteure dieses Prüfschemas, dass man Kausalität für einen Einzelfall nicht bestimmen kann, indem man eine spezifische Größe „misst“, sondern dass man alle Umstände prüfen muss. Das ist in Übereinstimmung der großen toxikologischen Studien etwa zu Dioxin oder die Veteranenstudie (vgl. Teil II). Eine Gegenüberstellung zweier Listen macht zweifelsfrei deutlich, welche Wertung zutrifft und dies vor allem dadurch, dass es unübersehbar, weil leicht erkennbar, welche Weglassungen zu einer Verneinung der toxischen Kausalität geführt haben. Das ist sicherer als naturwissenschaftliche Parameter. Denn die Primärreaktionen sind nicht entscheidend (vgl. Teil II).
Wenn die Kausalitätsabwägung fehlt, ist das Gutachten unwahr, weil selektiv.
Es werden diverse Abkürzungen genommen, die sich so lesen, als komme der Gutachter gleich auf den Punkt, ohne sich lange mit einer Art umständlicher Checkliste aufzuhalten. Das wirkt professionell und souverän, bemäntelt aber nur ein Fehlurteil, dass offensichtlich würde, wenn am Ende eine Gegenüberstellung zu finden ist, die alle Dafür-Punkte und alle Dagegen-Argumente ohne Vorauswahl gegenüberstellt.
Die Einhaltung des Schemas ist ein notwendiges Mittel gegen Weglassungen und Vorauslese. So wird etwa eine Noxe aussortiert, weil sie nicht der BK-Nr. unterfällt. Sie existiert aber und spricht dafür, weil sie eine Schwächung der Person des Klägers anzeigt. Oder es werden Symptome weggelassen mit ähnlicher Argumentation: so gehört Übelkeit nicht zu einer Nervenschädigung, aber wohl zu der Noxe, oder Allergien als Nebenwirkung zu immunschädigenden Stoffen. Dazu gehören auch die Grenzwertunterschreitungen: wenn mehrere Grenzwerte unterschritten sind, spricht dies nur dann dagegen, wenn sie ganz unterschiedlichen Wirkweisen zuzuordnen sind. In aller Regel sind es aber gleicher Wirkungen.
Voreilige Weglassungen und Aussortierungen sind also beliebt. Sie wirken sehr akribisch, sind aber Desinformation.
Beispiel: Wir hatten gerügt, dass viele Vorbefunde im Gutachten nicht berücksichtigt seien. Jedes Mal wies der Gutachter auf eine Stelle im Gutachten, in der der angesprochene Vorbefund genannt wurde. Dem Gericht hat das genügt. Es hat nicht gemerkt, dass die Stellen im Gutachten nur die Auflistung des Akteninhalts darstellten, diese Vorbefunde bei den gutachterlichen Schlussfolgerungen aber ignoriert wurden. In langen Gutachten lassen sich Selektionen gut bemänteln.
Solche Weglassungen erfolgen stets ohne Begründung. Die rechtlichen Anforderungen an ein Gutachten verlangen aber, dass gerade die streitigen Schlussfolgerungen besonders gründlich und nachvollziehbar zu begründen sind.
Die Vorauslese kann noch schlimmere Folgen haben: Befunde werden ignoriert, da sie ohne toxikologische Relevanz seien. Auf diese Weise können in der Praxis Personenschäden ganz unter den Tisch fallen, so dass am Ende nicht nur eine berufsbedingte Erkrankung, sondern eine Arbeitsunfähigkeit überhaupt aberkannt wird. Plötzlich ist der Kläger auch noch gesund und arbeitsfähig.
Es müssen auch alle Noxen beachtet werden, ob „geringfügig“ oder nicht. Die Frage ist, ob sie sich in das Bild fügen oder nicht. Zunächst sind alle Fakten festzustellen. In der Kausalitätsabwägung werden sich dann solche Wertungen der Analyse stellen müssen.
Die obige Schrittfolge, zuerst Sammlung aller Fakten zur Exposition, ohne Blick auf die Diagnosen, dann Sammlung aller Diagnosen, eventuell zusammen mit weiteren auffälligen Befunden, ohne Blick auf die Noxen. Erst im dritten Schritt kann man das Bild bewertend zusammenzusetzen. Erst diese Schrittweite ist der Garant eines nachvollziehbaren Gutachtens. Denn chronische Vergiftungen sind biochemisch, physiologisch und klinisch Komplex mit einem komplexen Verlauf und beliebig vielen Nebenwirkungen, ganz besonders bei Mischintoxikationen. Denn diese sind so gut wie immer beteiligt.
Ad 1. Nachweis der Exposition
Soweit ein Risikoberuf definiert bzw. anerkannt ist, erübrigt sich ein gesonderter Nachweis der Exposition. Eine Forderung eines solche „Vollbeweises der Exposition“ ist Prozessbetrug, da der Nachweis epidemiologisch vorliegt. Die Kausalität ist gegeben ohne gesonderten Bezug zu bestimmten Einzelsubstanzen.
Messungen werden oft verlangt, wenn keine Risikoberufe definiert sind oder die Kausalität des Schadenseintritts etwa nach Renovierung der Räumlichkeiten nicht geglaubt werden. Es ist eine der Merkwürdigkeiten unserer Zeit, dass das was nahe liegt, heftig abgestritten wird.
Deshalben werden solche Messungen erst nach längerer Diskussion durchgeführt. Dann liegen die Ergebnisse immer deutlich bis dramatisch unter den Belastungen, die krank gemacht haben. Nach Renovierungen wird die chronische Wirkschwelle mehrfach überschritten, auch noch Wochen danach. Messungen durch langatmige Diskussionen hinauszuziehen, ist zumindest fahrlässig. Messungen, die bei Beschwerden nicht sofort durchgeführt wurden, sind keine Beweissicherung sondern eher Beweisvernichtung. Die Belastungen verändern sich exponentiell – das ist mathematisch zwingend -, so dass die tatsächliche Belastung gegenüber der verspäteten Beweis“sicherung“ gut eine Zehnerpotenz höher gewesen sein kann. Etliche Akten oder betriebsinterne Diskussionen (dokumentiert etwa durch E-Mail-Verkehr) lassen den Verdacht aufkommen, dass die Hartnäckigkeit mancher Verdrängungspositionen auch aus der Hoffnung heraus geschieht, dass die verspätete Messung dann nichts mehr ergibt.
Die chronische Wirkschwelle liegt bei etwa 1/1000 der MAK, nachgewiesen durch Probandenversuche im subchronischen Zeitrahmen (Mølhave 1985, Bewertungen vgl. Merz ##)). Diese haben die wissenschaftliche Sicht auf die Dosis-Wirkungsbeziehung revolutioniert. Maßgebend ist die Summe, der TVOC, die Summe aller Komponenten. Der TVOC ist die Größe, die toxikologisch genau vermessen und auch gut verstanden ist. Die MAK dagegen suggerieren unabhängige Wirkcharakteristiken der Einzelnen VOC. Das war schon vor den 80ern unplausibel. D. h. die Gesamtkonstruktion MAK ist wissenschaftlich überholt, führt in die Irre und ist verantwortlich an der steigenden Zahl toxischer Invaliden.
Für chronisch Vergiftete würde sich die rechtliche Situation schon erheblich verbessern, wenn zur Kenntnis genommen würde, dass zwischen den beiden Richtwerten der Vorsorge und der Gefahrenabwehr die Zone des Gefahrenverdachtes befindet. So kann die chronische Wirkschwelle nicht als Vorsorgewerte und Kausalitätsausschluss missbraucht werden. Das ist die Grundkonstruktion, um voreilig bereits beim ersten Schritt die Kausalität ausschließen zu können. Das ist unabweisbar Absicht.
Die Absicht zeigt sich auch in den mannigfachen Bemühungen die Einzelstofftoxikologie festzuschreiben, wohl wissenschaftlich obsolet. Beweis erfolgt immer über die Epidemiologie und die muss sich mit Gemischen auseinandersetzen: Dioxine und Furane sind 444, die PCB 210, der TVOC hunderte Einzelsubstanzen usw. usf. das gleiche gilt für OP, Phtalate, etc.
Exkurs: Innenräume – der Krankmacher
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind Innenräume Deponie von Stoffen wie Pestizide, Weichmacher, Holzschutzmittel und Lösemittel. Materialen, die nicht in den Hausmüll dürfen, werden in Gebäuden in kg-Mengen verteilt.
Hauptverursacher Innenraum + VOC |
Schon Randolph hatte 1963 das bei seinen Patienten erkannt (##, erste Umweltkonferenz in den USA, vgl. Teil I##). Er schätzte Innenräume 8-fach toxischer ein, als die Außenluft. Er bestätigt damit Paracelsus: er nahm die Patienten ernst und schloss auf die Dosis.
Bereits dies bestätigt die Kläger, die bisher alle abgewiesen worden sind.
Probandenversuche durch Mølhave haben den TVOC definiert und präzise toxikologisch-quantitativ bestimmt: kritische Grenze für die Langzeitbelastung 200 µg TVOC/m³ (vgl. Teil II, ##). Deutsche Innenräume überschreiten das zu mehr als die Hälfte der Stichproben. Sie sind der Hauptkrankmacher.
Oft trifft man auf Sätze, wie: „Wissenschaftliche begründetet Wirkschwellen für VOC-Gemische stehen derzeit nicht zur Verfügung“ (Triebig et al, „Handbuch der Arbeitsmedizin“, 1998, S. 215). Fakt ist, dass diese seit 1985 zur Verfügung stehen. Im Folgenden wird in mehreren Spiegelstrichen ein Teil des Aufwandes aufgelistet, der getrieben wird, um das Rad der wissenschaftlichen Erkenntnis auf den Status quo ante – 1985 - zurückzudrehen. Einzelstoff-Bewertung bewirkt, dass neue Stoffe rechtlich immer unter den Tisch fallen – das ist eine Art Hase-Igel spiel:
- Die Weglassmethode (Einzelstofftoxikologie):
Die Weglassmethode
- TVOC-Splitting (Probleme beim Addieren) Bei der Berechnung des TVOC gibt es mittlerweile viele Kunstgriffe des Kleinrechnens, etwa die Unterscheidung VVOC, VOC und SVOC zu unterscheiden – V steht für „Very“, S steht für „Semi“. Das ist Fälschung, denn der TVOC ist die Summe aller atembaren organischen Moleküle. Andere lassen die Carbonyle weg mit der Begründung, sie können chemisch nur mit einem anderen Detektor nachgewiesen werden. Die chemische Analytik hat zu messen und dann zu addieren. In den letzten Jahren habe ich keinen Messbericht mehr zu Gesicht bekommen, dessen TVOC korrekt addiert war. Betrug ist hier der Normalfall.
Verwirrung ist die zweite Strategielinie: viele Richtwerte unterschiedlicher Begründung. Es gibt Richtwerte mit toxikologisch-medizinischem Begründungshintergrund. Sie können Grenzwerte begründen. Und es gibt Richtwerte, die den 95%-Perzentil einer Statistik darstellen. Sie lassen eine Einteilung in hoch oder niedrig zu.
Innenraumstatistik ist der 300 µg/m³, der aus dem Umweltsurvey abgeleitet wurden (Seifert 1990). Er ist toxikologisch ohne Aussage. Es ist nur interessant, dass er fast identisch mit dem Mølhave-Richtwert von 200 µg/m³ ist. Unsere Innenräume sind eben krankmachend.
Zur weiteren Verwirrung werden gern Vermischungen folgender verschiedener Richtwerte vorgenommen: hohe Grenzwerte mit rechtlicher Wirkung und niedrige Richtwerte, die entweder keine rechtliche Wirkung haben oder zu zu gering an Zahl sind, dass sie reale Situationen nicht bewerten können. Dieses Sammelsurium ist aber hervorragend dafür geeignet, die Aussage zu treffen, dass keine Grenzwerte überschritten seien.
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Akut; Fehlbewertung Faktor 1000
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Akut, nach Unfall
RW I bestätigen IRK, es gibt aber zu wenige |
RW I - und RW II – Werte, Richtwerte für subchronische (II) und chronische (I) Wirkschwellen nach der Ableitungsmethode der ad-hoc-Gruppe aus Bund und Ländern. Die Methode versucht möglichst alle relevanten Informationen zu erfassen. Inhalative und ingestive Daten werden – so vorhanden – getrennt erfasst, auch tierexperimentelle und epidemiologische Daten. Das Bewertungsschema ist entsprechend der Datenlage flexibel. Bei Datenmangel werden Faustregeln der Abschätzung eingesetzt.
Aber es gibt nur eine Handvoll RW-Werte, sodass kein Realgemisch damit abschätzbar ist – vgl. o. „Weglassmethode“. Für das Beharren auf der Einzelstoffbewertung wird extra ein Handbuch aufgelegt, dass sich bei jedem Stoff lange aufhält, sodass während zweier Jahrzehnte nichts herauskommt, was eine Bewertung realer Situationen ermöglicht ( Eikmann et al, Gefährdungsabschätzung ….) Die wenigen chronische Schwellwerte unterstützen die Größenordnung der Mølhave-Abschätzung.
Stoffvergleich gut möglich |
Aber der TVOC ist ausgegrenzt, und das Gros der Schadstoffe wird wohl nie bewertet werden, so dass 80% – 90% des toxischen Risiko stets – seit Jahrzehnten unter den Tisch fällt. Um das ausreichend bekannte Risiko vom Tisch zu bekommen, wird ein ganzes Handbuch als Loseblattsammlung aufgelegt und gepflegt. Es ist das klassische Beispiel, wie man unter Vorspiegelung von wissenschaftlicher Akribie die Umweltbewertung etwa des SRU von 1987 untergräbt bzw. beerdigt.
- LCI, Lowest Concentration of Interest, toxikologische Bewertungen der EC-Kommission, die Kommission hat Richtwerte aus ganz Europa gesammelt, soweit es sich um MAK-Werte handelte, wurden sie mit einem Faktor 100 nach unten korrigiert, soweit die Stoffe auch endokrinologische Wirkungen zeigten, mit einem Faktor 1000. Das Ergebnis wurde schon vor der Publikation rechtlich abgewürgt. Anwendung finden sie derzeit nur bei Expositionskammerversuchen. Sie sind zum Blaue-Engel-Macher herabgewürdigt worden.
Die LCI-Liste ist sehr zahlreich an Stoffen. Man kann immerhin relative Unterschiede der VOC damit beschreiben.
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Innenraumstatistik, Sanierungsanleitung
Sie geben Hinweise auf auffällige Expositionen, die wiederum Sanierungshinweise liefern.
Dieses Holterdiepolter macht absolut Sinn. Man kann damit leicht Unbedenklichkeit konstruieren. Man kann viele engagierte Leute mit einspannen. Es ist die beste Methode, den Eindruck zu erwecken, dass man sich große Mühe gibt und dass es eben besser derzeit noch nicht geht und dass eben rational und objektiv keine klaren Gesundheitsrisiken zu erkennen sind.
Tja, Bullshit verlangt schon Aktivität und Kreativität. Aber das alles zeigt, dass es stets gelingt, auch völlig eindeutige wissenschaftliche Erkenntnislagen wieder zurück in die Restrisiko-Forschungsbedarf-Ecke zurückzuentwickeln.
Ende des Exkurs Grenzwerte
Letztlich ist der Nachweis der Exposition einfach: Risikobereich oder Bereich des Gefahrenverdachtes. Das ist präzise und wissenschaftlich-rechtlich gut begründet. Grenzwerte dagegen sind es nicht.
Ad 2. Nachweis des Schadenseintritts – die Frage der Objektivierung
Diese Menschenverachtung wird erst so richtig virulent beim Nachweis des Schadenseintritts. Es läuft letztlich darauf hinaus, dass der Patient seine Symptome auch noch beweisen muss. Klageabweisungen werden oft mit „bloß subjektiven“ Beschwerden begründet. Alle Symptommuster der WHO-Definitionen sind als Einzelsymptome subjektives Erleben. Gutachter, die das Symptommuster nicht erkennen oder nicht kennen, sind auf dem Erkenntnisstand der 70er Jahre. Aber diese ist heute sozialrechtlich entscheidend. Kopfweh kann auch niemand beweisen. Dennoch gibt es für chronische Migräne Rente, für chronische Sensibilisierungen und neurotoxische Dysfunktionen nur Erniedrigung und Ausschluss aus der gesetzlichen Fürsorge.
Mit diesem Absprechen jeglicher Objektivität wird nicht nur „Einbildung“ oder gar „Simulation“ in den Raum gestellt (Nur nebenbei: Um sich eine Rente zu erschleichen, gibt es kaum einen Weg, der steiniger ist, als die Behauptung, es handle sich um eine chronischer Vergiftung). Simulationsvorwurf kann verschärfend zum Mobbing hinzukommen. Es wird mit der Verschiebung in den Bereich der Subjektivität ein Bereich völliger Rechtlosigkeit geschaffen.
Es wird damit auch erreicht, dass hier eine Abkürzung genommen wird. Die Kausalitätsabwägung erscheint entbehrlich.
Alle Definitionen chronischer Vergiftung bestehen aus Mustern „subjektiv“ empfundenen Symptomen (Diagnosekriterien der WHO – seit den 80er Jahren vgl. II q#). Wer „Objektivierung“ jeweils für die Symptome im Einzelnen verlangt, sie darauf hingewiesen, dass das letztlich die Medizin insgesamt unmöglich macht. Seit Hippokrates gilt, dass der Patient die Größe und beste Informationsquelle für den Arzt ist. Die beschriebene Entrechtlichung ist auch ein Verstoß gegen den Hippokratischen Eid.
Ad 2.2 Objektivierung
verstehen Juristen und Naturwissenschaftler sehr verschieden.
Während die Mediziner an Laborwerte denken, denken die Juristen an Diagnosen. Diagnosen werden durch Anwendung von Diagnosekriterien gestellt. Die Beschwerdemuster chronischer Vergiftungen bestehen aus durchweg subjektiven Beschwerden und sind in ihrer Gesamtheit objektiv. So kann und muss diagnostiziert werden. Bei Unklarheit hilft der Verlauf weiter.
Chronische Vergiftungen haben keine spezifischen Symptome und keine spezifischen Parameter. Es wird aber gern in den Raum gestellt, es gäbe solche und sie seien notwendig zur Objektivierung. Es erscheint plausibel. Allerdings nennen solche Gutachten diese nicht. Der Kardinalfehler ist, dass keiner an dieser Stelle nachhakt.
Einer der Kunstgriffe ist die Behauptung der Heilbarkeit chronischer Erkrankungen. Dies war die zentrale Unwahrheit im BK-Report 3/99 und man begegnet dem immer wieder: bei HRB, COPD, HWS …
Schrittweise Bewertung komplexer Wirkungen |
Beliebt ist auch der Tausch von Neben- und Hauptsache oder dem Übersehen wichtiger Unterschiede: MCS und HRB sind z. B. unspezifische Allergien, m. a. W. es gibt dafür keine Tests. So hat sich die Mobbingattitüde herausgebildet, vom Betroffenen einen Allergietest als Nachweis zu verlangen. Beim HRB wird oft Lungenfunktionstests verlangt. Erfolgen diese ohne Provokation, sind die Ergebnisse unauffällig. Falscher Test, keine Rente
MCS wird oft von Allergien begleitet. Das wird manchmal genutzt, um von den Toxinen abzulenken. Deshalb ist die Vollständigkeit der Bestandsaufnahme beim Prüfpunkt Schadenseintritt so wichtig. Vorgeschaltete Selektion ist immer unzulässig und überschreitet schnell die Grenze zum Täuschungsversuch.
Vergiftungen sind immer systemisch. Systemische Erkrankungen sind nicht organspezifisch, können aber jedes beliebige Organversagen nach sich ziehen (Rea 1994##), etwa Nieren- oder Leberversagen, Vaskulitis, oder Autoimmunerkrankungen als Folge langjähriger systemischen Entzündungsgeschehens. Weitere Immunreaktionen liegen demnach nahe und müssen deshalb zur Kausalitätsabwägung weitergegeben werden.
Die Akten zeigen stets die Ärzteodyssee. Listet man alle Diagnosen und sonstige Auffälligkeiten auf – auch die Verlegenheitsdiagnosen – so erweisen sich die Psycho-Diagnosen (bei der ICD beginnen diese alle mit F) als Minderheit. Sie kommen in fast jeder Akte vor, aber sind dann immer eine Minderheit von < 20%. Die Kläger werden rechtlich schon dadurch benachteiligt, dass die Bewertung als Suche nach der entscheidenden Diagnose oder gar der entscheidenden Laborparameter verstanden wird und nicht als ein typisches Muster. Vergiftungen machen ein sehr komplexes Bild. Gerade ein solches ist bereits sicherer Hinweis auf eine Intoxikation.
Zur vollumfänglichen Bilanzierung der Befunde kommt noch die genaue Betrachtung der Ätiologie. Der Verlauf ist für die Überprüfung eines Verdachts auf chronische Vergiftung ein Erkenntnisschlüssel von gleicher Bedeutung wie die Symptommuster. So ist Herzrasen etwa ein Frühsymptom der TPNP.
Ablehnende Gutachten sind in aller Regel Ergebnis von Weglassungen. So wird schlechte Arbeit mit Anerkennung honoriert. In den Urteilsbegründungen kommen dann die Vokabeln „schlüssig“ und „überzeugend“ vor, so wie die Kante eines Dodekaeders zweifelsfrei zwei Ecken verbindet, und die Frage offen bleibt, wieviel Flächen der Körper hat. Da mögen viele spezifische Allergien nachgewiesen sein, aber der lebensfeindliche Zusammenhang von MCS wird mit Spinnerei weggewunken.
Ablehnende Gutachten können aber auch Fehldiagnosen sein. Es sind dabei immer die gleichen Fehler; drei Beispiele:
- Bei den obstruktiven Atemwegserkrankungen gibt es zwei Unterarten, die rein immunologische Hyperreagibilität (HRB) im Sinn des Asthma bronchiale und Obstruktion durch Lungenschaden (COPD). Bei ersterem sind alle Lungenfunktionen in Ruhe unauffällig. Erst die Provokation deckt das Asthma auf und die Höhe der Provokation lässt den Schweregrad ablesen. Vielfach wird aber eine HRB verneint, ohne dass provoziert wurde. Das ist ein grober Fehler, der kaum unabsichtlich geschieht. Reklamiert man dies vor Gericht, wird es übergangen, denn das Gericht glaubt dem „Fachmann“. In Sachen NOx wurde ja offensichtlich wozu sich Lungenfachärzte überreden lassen (##).
- Eine andere Entwicklung ist die Unglaubhaftmachung von Krankheiten, die bisher nicht angezweifelt wurden. Aufgefallen ist das zuerst bei M. Basedow und Hashimoto. Liest man die Ratgeber, so entdeckt man, dass die Symptommuster denen der toxischen Invaliden ähneln bis gleichen (Brakebusch & Heufelder 2010 – Ratgeber für M. Basedow und Hashimoto). Das ist auch kein Wunder, wenn man die Pathomechanismen bedenkt (vgl. Teil II). So werden auch andere Krankheiten psychiatrisiert. Rechtlich entsteht dadurch eine schiefe Ebene: wer viele (unspezifische) Symptome hat, verliert seine Rechte.
- An diese Stelle gehört auch das aerotoxische Syndrom. Die AU-Fälle des fliegenden Personals gehört zur BK 1317. Pyrolytische Verbindungen aus Undichtigkeiten der Turbine bilden ein VOC-Gemisch (es gibt aus der Hörensagen-Buschtrommel die Zahl von 200 Stoffen – das ist gemäß der Erkenntnisse über Pyrolyse plausibel (vgl. Merz ##). Dies aufzuklären wäre über Passivsammler ein Leichtes gewesen. Dagegen wurde 1999 u. a. durch einen Air Force Mediziner das „Aerotoxische Syndrom“. Mit einer TE gemäß BK 1317 gäbe es eine Klagemöglichkeit, mit dem As nicht. Dieser ganze Komplex ist ein Fall für das Umweltinformationsgesetz. Es haben Messungen stattgefunden, aber die Ergebnisse werden unter Verschluss gehalten, damit das Risiko nicht zur öffentlichen Diskussion wird. Grund dafür ist vor allem die AU-Fälle des fliegenden Personals. Das geht auch weiter: „aus einigen Vorfällen bekannt, bei denen es Piloten nur mit allerletzter Mühe gelungen ist, ihr Flugzeug nebst Inhalt sicher auf den Boden zu bringen. Vorfälle, die regelmäßig nicht kommuniziert werden. Wir haben zwei solcher Fälle dokumentiert: Einmal Pilot - nie mehr Pilot sowie im Kontext eines ähnlichen Schwerpunkts: Germanwingsflug: Flughafen Köln/Bonn.“ (Ludwig 2019) Es geht in diesem Komplex um mehrfache Körperverletzung im Sinne von Dienstunfällen und darüber hinaus um Gefahr für Leib und Leben. In diesen Fällen liegt der juristsische Stolperstein einfach in der Entmutigung der Betroffenen. Wissenschaftlich wie rechtlich gibt es viel Profundes, aber es gibt keinen der vorträgt. Grundansatz dafür ist die Behauptung, es handele sich um eine neue rätselhafte Krankheit.
Ad 3. Fragen zur Kausalität
Die Erfahrung aus mehr als 30 Jahren gutachterlicher Tätigkeit hat stets gezeigt, dass das Übergewicht der dafürsprechenden Punkte die dagegensprechenden stets schier erdrücken. Deshalb sind die Kausalitätsabwägungen als entscheidender Schritt aus den Gutachten verschwunden und die Gewöhnung führt zur Nichtbeachtung, wenn sie dennoch einmal auftaucht.
Deshalb wird Kreativität aufgewandt, um dies gründlich zu verschleiern, etwa mit Hilfe von Vorurteilen, die toxische Reaktionen nur „zeitnah“ akzeptieren. Bis hierhin ist es schlichte Denkfaulheit und ein längst überholtes Bild der Toxikologie, kreativ ist, daraus ein Ausschlusskriterium zu machen. Dies muss man dann predigen. Viel Text von vielen Leuten macht es dann zur Wahrheit – Ernst Bloch sagt dazu: „Matte Gedanken fassen sich selten kurz.“
Denn wegen der Wissenschaftlichkeit gibt es keine Ausschlusskriterien, kann es sie nicht geben, denn dann wäre eine Sache endgültig entscheidbar, auch wenn sie viele Aspekte nicht erklärt sind (Wissenschaft und Paradigmawechsel, Thomas Kuhn 1962). Die Kausalitätsabwägung ist das Mittel gegen das Denkverbot.
Das Ausschlusskriterium = Denkverbot ist, liegt nicht nur in der statistischen Variation von Wirkschwellen (vgl. Teil II), sondern auch in der Tatsache, dass es ist in der Natur keine absoluten Entitäten gibt, in vivo schon gar nicht. Keine Funktion funktioniert unbegrenzt, Differentialgleichungen sind nur lösbar, wenn man die Randbedingungen kennt, keine Dosis ist sicher unwirksam, bzw. nicht bei jedem. Es gibt nur die unterschiedliche Stärke der Wirkung, bei unterschiedlichen Individuen, unterschiedlicher Gen-Ausstattung, bei unterschiedlichen biochemischen Zuständen und schließlich Kombinationswirkungen, die letztlich immer da sind, der Sachverständigenrat bereits 1987 erkannt und dokumentiert hat (SRU 1987, Ziff. 94*).
Bei vollständiger Dokumentation für den Einzelfall findet sich immer eine klare Deutung bzw. ein stimmiges Krankheitsbild in Ansehung der Befunde. Das leistet die Kausalitätsabwägung. Sie ist nicht schwierig, wenn auch aufwendig, besonders wenn in einer „Monsterakte“ die Rosinen dünn gesät sind. Der Abwägungsprozess hat dann zusätzlich ein positives Ergebnis, dass über die Frage nach der Wahrscheinlichkeit hinausgeht, nämlich das tiefere Verständnis des Einzelfalles. Das ist dann weit mehr als das, was die Epidemiologie bietet. Der Abwägungsprozess bietet dann das, was der SRU so beschrieben hat:
„Da sich Schädigungssymptome bei Schadstoffen meist unspezifisch äußern, besteht selbst bei statischer Gewissheit über das Vorkommen einer Schädigung nur bei sehr gezielten und sehr umfangreichen Untersuchungen eine Chance, […] den eigentlichen Nachweis des Risikos oder der Gefährdung zu führen.“ (SRU 1987, Ziff. 1253)
Die Akten bieten mannigfach das, was nach 1987 nicht eingelöst wurde. Die mannigfachen Befunde sind keine „gezielten … Untersuchungen“, vielfach sind sie aber umfangreich und anhand der Diagnosekriterien – ganz besonders des SBS – kann man sie gezielt ordnen.
In dieser Tätigkeit bewahrheitet sich der alte Aphorismus der Römer: Quod non est in actiis, non est in mundo“ – für meine Zwecke hier sehr frei übersetzt: die Akten bringen es an den Tag. Die Akten sind meist umfangreich genug, dass dieser Nachweis geführt werden kann.
Die klageabweisenden Gutachten reißen Löcher: lassen alle unspezifischen Dysfunktionen weg. Diese fallen also durch ein Raster, dass zur Falsch-Aussiebung kreiert wurde. Es werden also Mosaiksteine verworfen, statt sie zu einem Bild zusammenzusetzen. Die Vorlage für das Bild ist immer die Krankheitsdefinitionen mit ihren Diagnosekriterien. Der Kausalitätsabwägung ist das Puzzle. Dann zeigt sich überdeutlich, dass Ausschlusskriterien irgendwie störend sind. Eine Grenzwertunterscheidung ist dann nur ein Punkt unter vielen und alle Variationen der Dosisbestimmungen finden sich in der Liste: der Zeitbezug kann erheblicher sein als die Konzentration, die Sensibilisierung kann Grenzwertanwendung völlig aufheben wie auch Synergisten und schließlich hebt die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe ebenfalls den Schutz durch einen Grenzwert auf.
Die streitenden Parteien nutzen den Stand der Wissenschaft nicht. Die einen Gutachter ignorieren ihn geflissentlich, die anderen glauben, das Problem läge in weitergehendem Forschungsbedarf. Der Stand der Wissenschaft bleibt außen vor. Jene anderen wissen auch nicht, dass Forschungsbedarf dem Restrisiko zugeordnet ist.
Statt Klarstellung wird ein Gutachten nach dem anderen gefordert. So entstehen die Monsterakten von manchmal über tausend Seiten, die der nächste Gutachter „nach Aktenlage“ bereichern kann, so er will. So wird zum tausendseitigen Geheimnis, was auf 20 Seiten hätte geklärt werden können, wäre nur die Regeln des Sozialrechts angewandt worden.
Das kann groteske Züge annehmen, was wiederum ein Hinweis dafür ist, dass jene Anschauung, bei Grenzwertunterschreitung könne man die Kausalität ausschließen konzeptionell abwegig ist. Besonders faszinierend fand ich das Vortäuschen einer Datenanalyse: ein Gutachter bestätigte die Exposition mit neurotoxischen Lösemitteln und stellt auch den Schadenseintritt mit toxischer Enzephalopathie Schweregrad 2B fest. Die Vollbeweise der Exposition und des Schadenseintritts waren also gegeben. Dann aber verneinte er die Kausalität mit der Begründung: die Höhe der Exposition sei „nicht hinreichend wahrscheinlich“ (Rettenmaier ##). Dies versuchte er als „Ergebnis“ erscheinen zu lassen. Auf zweieinhalb Seiten listete er Daten (Zahlen) auf, so als würde er etwas rechnen – darunter waren etwa solche Informationen, wie die Anzahl der Kohlenstoffatome eines Lösungsmittels. Er hatte keine Messwerte für die Exposition. Er hat also zwei Zahlen verglichen, wobei eine der Zahlen unbekannt war. Jener Text war nichts anderes als die ablenkende Handbewegung des Zauberkünstlers. Der Gutachter hatte weder einen Mess-Wert für die Exposition, noch hatte er einen Schwellwert genannt. Ursache und Wirkung ohne Kausalität. Das Gericht fand das nicht zu beanstanden. Es kommt demzufolge alle nur denkbare Allotria vor. Niemand fällt solchen Leuten in den Arm.
Ja, Gerichte machen immer öfter deutlich, dass sie Kritik an Gutachtern für unzulässig halten zumindest aber für lästig. Dagegen gibt es die Rüge wegen mangelnden rechtlichen Gehör. Aber wenn die nächste Instanz ebenso wenig bereit ist darüber zu verhandeln, ob ein Gutachten gegen den Stand der Wissenschaft verstößt, weil es den Gutachtern gestattet, diesen passend zurechtzustutzen, bis hin zur Berufung auf Schwellwerte, die es nicht gibt und auf Expositionen, für die es keine Messwerte gibt, dann scheitert alles an den genannten Vorurteilen.
Gutachterkompetenz
Entscheidend ist oft die Auswahl des Gutachters.
Es kommt regelmäßig vor, dass die Versicherungen geradezu darauf bestehen, dass der falsche Gutachter zum Gerichtsgutachter bestellt wird. Da gutachtet etwa ein Lungenfacharzt in einem Fall einer TE, widerspricht dem neurologischen Gutachten und das Gericht akzeptiert allein ersteres. In einem anderen Fall argumentiert die BG expressis verbis, dass das neurologische Gutachten, das ein TE bescheinigt, nicht entscheidungserheblich sei, denn das müsse ein Arbeitsmediziner entscheiden. Für diese scheint manchmal eine gewisse Omnipotenz in den Raum gestellt zu werden. Ob fachlich kompetent oder nicht, sie entscheiden. Viele Gerichte akzeptieren das.
Schädigung der Kläger durch das Verfahren selbst
Letztlich führen alle diese rechtlichen Fehlentwicklungen und –entscheidung zur Vernichtung der toxischen Invaliden (Kläger). Sie werden in jedem Aspekt vom Thema weggetrieben mit allem, was weh tut. Am Ende müssen sie noch um die magere Frührente bangen, mit einer psychiatrischen Diagnose, die als Makel empfunden wird. Das sind die Mühlen der Rechtspflege und in den Fällen der toxischen Invaliden mahlen sie die Kläger klein.
Reha als Körperverletzung |
Beispiel: Die Versicherung verlangt eine Reha in einem Verfahren mit Rentenbegehren. Sie besteht auf einer psychiatrischen Anstalt. Sie lehnt die wenigen Kliniken – eigentlich nur drei -, die mit MCS umgehen können, strikt ab. Die Anwältin rät der Mandantin zu, denn es gibt ja eine Kooperationsverpflichtung des Versicherungsnehmers und in der Einschätzung vermerkt sie „es wird entscheidend auf das Ergebnis des Reha-Aufenthalts ankommen“.
Damit verkennt die Prozessführung, dass das Insistieren der Versicherung gegen den Willen der Patientin, Körperverletzung im Sinne von Zwangspsychiatrisierung ist. Schließlich verkennt sie, dass mit der Einweisung auch ein Präjudiz geschaffen ist: falsche Ursache, falsche Behandlung und die Möglichkeit dies auf einen Verdacht auf Aggravation und sogar Simulation auszuweiten.
Der harmlos erscheinende Routinevorgang enthält also Elemente zur rechtlichen Vernichtung des Klägers: fortgesetzte Körperverletzung (zweifach), finanzieller Ruin (Versicherungsrecht), Aberkennung der Menschenwürde.
Körperverletzung – MCS und Klinik: Neben der zwangsweisen Behandlung gibt es die Schädigung durch Fahrlässigkeit wegen Reaktionen auf Desinfektionsmittel, Lösemittel, falsche Ernährung und eine Medizin, die MCS nicht behandeln kann und bei Reaktionen hilflos ist.
Körperverletzung - Mobbing: Wie ist das Gefühl zwangsweise Menschen ausgeliefert zu sein, die einem nicht gutwollen Es ist bisher noch gar nicht die Frage gestellt worden, ob und inwieweit die Fehldiagnosen zu einer Situation führen, die in ihrer Massivität ausreicht, psychische Erkrankungen zu erzeugen, ganz besonders bei durch die Toxine geschwächter psychischer Abwehr. Der Erlanger Fake ist eine Art self fulfilling prophecy. In der Psycho-Reha wird dies verstärkt durchlitten.
Die Umweltmedizin empfiehlt schon lange eine begleitende, stützende Therapie, eine in der der Patient besseres Stresshandling lernt (Rea 1997, DEGAUM 2003, darüber herrscht interessanterweise Konsens *). Es sind schwerkranke Menschen, die der Hilfe und des Verständnisses bedürfen. Stattdessen werden sie verdächtigt, verhöhnt und gemobbt.
Bisher haben sich die Fachdisziplinen der Psychiatrie und der Psychologie dazu missbrauchen lassen, statt dass sie Stütztherapien entwickeln: Stressbewältigung zum einen und Hilfe, wie sie ihrem gesund-skeptischen Umfeld erklären können, wie es ihnen geht (Beispiel: Manuskript der am Gewerkschaft##). Sie haben sich bislang noch nicht dazu geäußert, wie hoch die Gefahr ist, dass eine tatsächlich psychogene Erkrankung hinzutritt.
Finanzieller Ruin – zwei Stufen: Die Verfahren sind versicherungsrechtlich eine schiefe Ebene. Mit der Verneinung der Kausalität geht mehr einher als nur die Versagung der BG-Rente oder ggf. eine zivilrechtliche Entschädigung, nämlich eine Rente wegen AU oder gar EU [1]. Die Frührente verlangt nur den Nachweis, ob eine chronische Erkrankung vorliegt oder nicht und wie hoch der Grad der Behinderung (GdB) bzw. die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist. Da kommt es auf Kausalität nicht an. Dennoch wird letztere genutzt, um Rente zu verweigern. Ich erinnere mich an ein Rentenverfahren in dem der Gutachter vehement die Kausalität der Erkrankung eines Schreiners mit der PCP-Verarbeitung in diesem Betrieb bestreitet. Der Betroffenen regt sich auf, sein Anwalt merkt nichts, das Gericht auch nicht, die Rente wird abgelehnt, dabei hatte der Gutachter schlicht das Thema verfehlt. Das ist ein extremes Beispiel umfassender Fehlleitung. In manchen Fällen wird aber die psychiatrische Diagnose aber so interpretiert, dass Arbeitsfähigkeit attestiert wird. Das ist die schiefe Ebene: der Erlanger Fake macht aus Intoxikation „Psycho“ und der nächste Schritt lautet Simulation. Selten wird ein Simulationstest durchgeführt. Das kann sehr weit gehen. In einem Fall erklärt die Hausärztin den Kläger für nicht transportfähig und der Gutachter nach Aktenlage für arbeitsfähig (schwere Bleivergiftung). In einem Gegenbeispiel bekam die Klägerin ihre Schwerbehinderung zuerkannt (Hashimoto), weil die Versorgungsärztin die Transportfähigkeit verneinte und der Gutachter eine Reise ablehnte - eine halbe Seite und ein langer Gutachterstreit war Makulatur.
Letzteres zeigt eine andere schiefe Ebene. Aus Autoimmunerkrankungen [2] wird – wegen der Symptomvielfalt – erst Psycho, dann vielleicht noch Psycho und vielleicht auch noch uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit (ein solcher Fall wurde mir bekannt). Es hat sich ein echter medizinischer Rückschritt gebildet: aus M. Basedow, Hashimoto oder Mastozytose wird Psycho und Simulant.
Menschenwürde: ohne Menschenwürde gibt es keinen gesetzlichen Schutz. Es ist der Verlust der Glaubwürdigkeit, der zum Totalruin führt. Entscheidend ist diese rechtliche Ebene. Wenn der Stand der Wissenschaft in Sachen chronische Intoxikation vor den Gerichten keine Chance hat, dann haben es auch die 40% chronischen Kranken nicht. Die Rechtspflege ignoriert den Zustand der Biologie und zwar ganz besonders den der Art, die wir homo sapiens nennen. Der Schutz von Krötenwanderwegen oder Ameisenhaufen ist besser entwickelt, denn das hat keine wirklichen rechtlichen Konsequenzen, denn die Betroffen können ja nicht klagen.
Fazit – falsches Denken ruiniert das Leben
Solange man nur mit spezifischen Einzelnachweisen durchdringt, nämlich ein Nachweis, der bestimmte klinische Erscheinungen mit einer bestimmten Exposition in Verbindung bringen kann, wird sich an der Situation nichts ändern. Denn einen solchen Nachweis gibt es und kann es auch nicht geben. Das ist eine primitive Denkweise. Wäre die Biologie so konstruiert, gäbe es kein Leben.
Solange die Definitionen der wichtigsten chronischen Intoxikationen (auch Umweltkrankheiten genannt) bei der Wahrheitsfindung keine Rollen spielen, ich präzisiere: solange es ohne Wirkung bleibt, wenn der Nachweis geführt wird, dass der Gutachter diese ignoriert, also gar nicht weiß wovon der gutachtet, solange werden diese Erkrankungen in ihrer Prävalenz steigen, sehr langsam, unerkannt und nicht ernst genommen und insbesondere wird der IQ mit jedem Jahrzehnt weiter sinken.
Es beweist sich wieder: quod non est in actiis, non est in mundo – es spielt dabei keine Rolle, ob die Akten gelesen werden oder nicht. Die entscheidenden Quellen werden ja auch nicht gelesen. Bei letzteren ist es entscheidend, ob sie es in die Akten schaffen. Das ist bisher nicht der Fall. Erst dann schützen sie den Kranken und erst dann erkennt die Gesellschaft, wie es um sie steht.
* Der Arbeitskreis MCS der deutschen Arbeitsmedizin (DEGAUM) hat 2003 publiziert, MCS sei eine schwere organische Erkrankung, psychische Therapien seinen allenfalls als Stütze denkbar (Wibritzkis et al 2003. Das war wohl unter dem Eindruck der RKI-Psychotests. Da herrscht Einigkeit, auch Rea empfiehlt solche Therapien etwa als Stresshandling.
[1] Arbeitsunfähigkeit bezieht sich nur auf den erlernten Beruf, Erwerbsunfähigkeit gilt generell
[2] Die Liste ist lang: über 50 klinische Diagnosen, darunter Erkrankungen des zentralen und des peripheren Nervensystems (Autoimmunangriff auf die Myelinscheiden und die Ganglien), ebenso wie Erkrankung der Gelenke (rheumatoforme Erscheinungen)