Monitoring
Einige Zeit galt das Monitoring als der einzig überzeugende Weg, eine Vergiftung nachzuweisen. Das ist aber schon im Ansatz kurzschlüssig: Gifte wirken schon in kleinen Mengen stark, was zu der Annahme führen muss, dass sie rasch verbraucht werden.
Also muss Monitoring notwendigerweise in die Irre führen.
Monitoring ist nur dann hilfreich und eine überzeugender Nachweis, wenn die Belastung noch anhält. Dann kann das Biomonitoring sogar weiterhelfen, denn eine Blutanalyse ist billiger und schneller als Raumluftanalysen.
Diese Kinetik gilt sowohl für das Bio- wie auch das Effektmonitoring. Doch das Effektmonitoring führt doch zu mehr Erkenntnis. So legt es offen, dass inhalive Belastung um Zehnerpotenzen stärker wirkt, als ingestive Belastung. Die ingestive Aufnahme führt rasch zur Stoffwechselzentrale Leber, die inhalative nicht. Was das für die Dosis-Wirkungsbeziehung bedeutet, wird im Kapitel Toxikologie präzisiert. Für das Biomonitoring bedeutet dies, dass sich bei ingestiver Aufnahme die Metaboliten der Entgiftung rasch im Urin nachweisen lassen, bei inhalativen nicht.
Das Effektmonitoring macht auch zwingend deutlich, dass die Effekte zu addieren sind.
Effektmonitoring
Toxikologisch ausgedrückt sind die Symptommuster als Effektmonitoring zu interpretieren.
Damit ist ein Rückschluss auf neurotoxische Expositionen logisch zwingend, wenn die Diagnose TE gestellt ist, denn sie ist von anderen Enzephalopathien trennscharf unterscheidbar. Die TPNP dagegen ist eine Ausschlussdiagnose gegenüber der alkoholischen und der diabetischen.
Die schleimhautbezogenen Diagnosekriterien des SBS sind ein anderes Muster (Teil III; S. q#)##. Sie beschreiben Reizungen als Vorstadium zu chronischen Immunreaktionen.– wichtig für die Früherkennung. Das sind vor allem die chemisch reaktionsfreudigen Stoffe: Säuren, Alkalien, oxidierende Stoffe – auch chemisch-irritative genannt. Sie greifen etwa im Rachen und den Bronchien das Epithel an, damit aktivieren sie das Immunsystem und „irritieren“ die Nervenenden. So entsteht die Obstruktion.
Toxische Muster auch bei Mischintoxikationen nachweisbar |
Die Veteranenstudie (Golfkrieg I) hat demonstriert, dass dies auch bei Mischintoxikationen funktioniert. Führende Neurologen bemängelten, das Krankheitsbild entspräche keiner bekannten Intoxikation. Durch Fragebogen und Clusteranalyse von 250 Patienten konnte die Überlagerung der Wirkungen von PB, DEET, Permethrin und Chlorpyrifos sichtbar gemacht werden [1]. Die Diskussion über „unklare Beschwerdebilder“ musste danach verstummen (Haley 1997, ##weitere Lit).
Misch-intoxikationen |
Der physiologische Hauptmechanismus ist die Blockade der Acetylcholinesterase. Das Acetylcholin (ACh) ist der einzige Neurotransmitter, der durch Abbau seine Wirkung verliert. Wird nun das spaltende Enzym blockiert, bleibt der Dauerreiz bestehen und macht „verrückt“.
Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass ein Kausalitätsbeweis spezifische Biomarker verlangen kann. Denn die Toxine werden oft rasch abgebaut (OP, Pyrethroide) oder abgeatmet (VOC) und es verbleiben Schäden, die die genannten Eigenschaften aufweisen. Mit den Schadstoffen gehen auch die Effekte zurück. Die Chronifizierung ist ein ganz anderes Problem (s. u.).
Primär- und Sekundär-effekte |
Auch ein Effektmonitoring führt nicht zu spezifischen Parametern. Die spezifische Blockade der ACE etwa führt zu verschiedenen Krankheiten: zum Hirnorganischen Psycho-Syndrom (HOPS), zum chronischen Müdigkeitssyndrom (CFS) oder gar zur Myastenia gravis, einer extremen Form von CFS in Verbindung mit Muskelschwäche. Dies entscheiden sekundäre Effekte – etwa andere Gifte oder Schwachstellen des Organismus. Die genannten Substanzen setzen auch andere enzymatische Dysfunktionen in Gang. Außerdem verschieben die OP auch die Levels der Hormone GHT## in den pathologischen Bereich. Behan konnte zeigen, dass bei gleichem laborpathologischen Befund (Behan 19##), bei einer Gruppe HOPS bei der anderen CFS zu diagnostizieren war. Welcher (Sekundär)Effekt letzteres steuert, ist nicht geklärt. Die Schwachpunkte des Organismus und der Persönlichkeit treten durch Gifte jedenfalls schärfer hervor.
Es sind aber schließlich beim Effektmonitoring nicht die primären Reaktionen des Organismus, die als Nachweis geeignet sind, denn die Giftwirkungen sind ja rasche Reaktionen. So verschwinden erst die Gifte, dann die Primärreaktionen. Der Weg der Chronifizierung ist aber (noch) nicht über Biomarker nachvollziehbar. So hilft das Effektmonitoring nur unmittelbar in der Belastungsphase. Schon ein Wochenende reicht aus, die Werte wieder in den unauffälligen Bereich zurückgehen zu lassen.
Aber das Effektmonitoring macht die Addition zwingend. Alle organischen Stoffe (VOC) unterbrechen die Nervenleitung und führen zur Narkose. Alle OP führen zur Blockade der ACE – viele sind bereits ubiquitär. Alle &&#####.
Biomonitoring
Die Aussagekraft des Biomonitoring wird oft „überschätzt“. Es führt nur in speziellen Situationen zu einer Aussage. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Exposition noch anhält oder wenn es sich um akkumulierende und persistente [2] Stoffe [3] handelt und das auch nur dann, wenn Urin- oder Blutwerte überhaupt genug Aussagekraft besitzen. Im ersten Falle ist das Biomonitoring eine Möglichkeit die Exposition zu erweisen, wenn andere Expositionsdaten fehlen. Im zweiten Fall lässt sich auch eine zurückliegende Exposition nachweisen. Aber die Stoffe sind, da persistent, auch ubiquitär. Sie sind also im Blut aller Menschen nachweisbar.
Das Biomonitoring enthält also mehr Fallen der Fehlinterpretation als Informationen. Vor allem aber ist es eine Falle der Verharmlosung. Viele Stoffe die chronische Schäden, also Invalidität erzeugen, haben tatsächlich in vivo eine sehr kurze Halbwertzeit. Das bedeutet eben nur, dass die auslösende Substanz selbst nicht akkumuliert, die Schäden aber schon.
Referenzwerte sind rein statistische Größen. Sie sagen über Stoffe, die dem Organismus fremd sind – xenophob -, nichts aus, als eben die statistische Einordnung gegenüber anderen Personen, die mehr oder weniger belastet sind. Sofern die Stoffe, die in Frage stehen, ubiquitär sind, ist der Referenzwert die klare Desorientierung. Im Falle von Dioxin, PCB, einigen Pestiziden, Cadmium, Blei und Nitrat im Trinkwasser (vgl. SRU 1987, Ziffer 94*) ist der Referenzwert völlig irreführend, da er wohl über der Wirkschwelle liegt.
Die Referenzwerte sind nicht mit der Wirkschwelle zu verwechseln und erlauben keine toxikologische Aussage.
Die Aussagen aus dem Biomonitoring sind also begrenzt. Es ist die Kunst, daraus auch Informationen zu machen. Sie können aber Hinweise geben, etwa um Karenz und/oder Prävention in die Wege zu leiten. Insofern sie in Verbindung mit dem Effektmonitoring zu einem stimmigen Ergebnis kommen, können sie auch Beweiskraft erhalten.