Organophosphate
Irreversible Nervenschäden
Die Organophosphate begannen ihre Karriere im ersten Weltkrieg als Kampfgase - Tabun und Sarin. Die Überlebenden derartiger Gasangriffe wurden ausreichend untersucht, so dass die akute Wirkung von OPs gut bekannt ist. Es wurde lange Zeit behauptet, die Wirkungen seien vollständig reversibel.
Die Zusammenschau von Studien und Verläufen von über 30.000 gemeldeten Vergiftungsfällen durch die amerikanische Umweltbehörde EPA beweisen, dass Organophosphate irreversible Schäden und in leichteren Fällen lang andauernde Leiden erzeugen. Letztere messen in Jahren. Die OP dagegen sind schon nach Tagen im Körper nicht mehr nachweisbar.
Gleicher Pathomechanismus erzeugt verschiedene Krankheiten
Vertiefte Studien schottischer Neurologen zeigen, dass Organophosphate verschiedene Krankheiten hervorrufen können: ein sogenanntes neuropsychologisches Syndrom und das Chronic Fatigue Syndrome (CFS). Klinische endokrinologische Tests zeigen bei beiden Gruppen die gleichen pathologischen Werte. Demnach beschädigen OPs u.a. den Hypothalamus. Gleiche pathologische Mechanismen können demnach verschiedene Erkrankungen erzeugen.
Die biochemischen Mechanismen
sind gut erforscht. Hauptwirkung ist die Blockade der Acetylcholinesterase. Das Acetylcholin ist ein Neurotransmitter. Der Rückgang des Nervenreizes muss durch den Abbau, durch die Acetylcholinesterase, erfolgen. Ist diese blockiert, wird der Reiz auf Dauer gestellt und führt zu neurologischen Störungen. OP blockieren die AcCh, zunächst reversibel, später durch Abspaltung eines organischen Restes irreversibel. Erniedrigte AcCh-Aktivität lässt sich bei Umweltpatienten entsprechend nachweisen. Über die Zeiträume dieses Nachweises gibt es unterschiedliche Auffassungen. Während einige argumentieren, die Esterase würde sich im Laufe von 6 Monaten nach Beendigung der Exposition regenerieren, kommen andere, insbesondere durch die Erkenntnisse mit den 30 000 erkrankten Golfkriegsveteranen zu dem Schluss, dass sich die irreversiblen Schäden aus diesem Pathomechnismus erklären lassen. Danach wäre dann die AcCh-Aktivität ein ausreichender Biomarker.
OPs blockieren noch weitere Enzyme. So führt die Blockade der Carboxyesterase, die eine Rolle beim Abbau der Pyrethroide spielt, zur Steigerung der toxischen Wirkung der Pyrethroide. Schließlich blockieren die OPs auch die neurotoxische Esterase (Neuropathy Target Esterase, NTE), eine Carboxyesterase im Nervengewebe. Auch diese Enzymblockade vollzieht sich zunächst reversibel und dann irreversibel. Es existiert die These, dass die Blockade dieses Enzyms für den Grad der Irreversibilität der OP-verursachten Nervenschäden ausschlaggebend ist.
Fammschutzmittel Trisphosphate - Niedrigdosisbelastung im Hausstaub
Tris- oder Triphosphate sind eigentlich falsche Namen. Es handelt sich um dreifach veresterte Phosphorsäuren. Es sind also Organophosphate und demzufolge direkt neurotoxisch. Sie blockieren die Acteylcholinesterase, so dass diese das AC nicht mehr abbauen kann. Die acetylcholinergen Zellen werden dadurch gesteuert, dass das Acetylcholin den Reiz weitergibt und AC-Esterase diese dann rasch abbaut, um den Reiz zu beenden. Ist dies blockiert, bleibt der Reiz bestehen, die Nervenleitung ist gestört und zwar nicht im narkotischen Sinn, sondern im Sinn einer Überlastung: Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und Störungen der psychischen Funktionen.
In zwei Proben wurden 7 Substanzen nachgewiesen und es gibt auch für diese Gruppe keinen Grund für Einzelstoffbewertungen, jedenfalls nicht aus der Sicht einer humantoxikologischen Bewertung, der grundlegende Pathomechanismus ist für die einzelnen Verbindungen gleich. Die Einzelergebnisse streuten zwischen 0,5 und 5 mg/kg, die Summe ergab 11 mg/kg (gerundet).
Sofern andere Gutachter nun Einzelstoff für Einzelstoff bewerten, um so notorisch - also in diesem Fall 7 mal - Unbedenklichkeit zu konstatieren, machen sie einen gravierenden Bewertungsfehler. Die Wirkschwelle gilt immer für die Wirkweise, nicht für die Einzelsubstanz getrennt voneinander. Der Bewertungsfehler wird uns größer je mehr Komponenten einer Wirkweise nachgewiesen wurden. Die Bewertung Einzelstoff für Einzelstoff ist keineswegs wissenschaftliche Agribie sondern Täuschung.
Hauptanwendungsgebiet ist der Einsatz als Flammschutzmittel. Einige der nachgewiesenen Stoffe werden auch als Weichmacher eingesetzt (TPP, Triphenylphosphat, TCEP, Tris(2-chlorethyl)phospat), als Entschäumungsmittel (TBP, Tributylphosphat) oder als Schmiermittel in Hydraulikölen (TPP). Letztere Eigenschaft ist der gewollte Effekt von TCP (Tricresylphosphat) in den Ölen von Turbinen, die seit einigen Jahren in Zusammenhang der Kabinenluft von Flugzeugen, insbesondere in Zusammenhang mit Vollinvalidität von Flugpersonal diskutiert wird. Diese Debatte krankt daran, dass das TCP-Thema isoliert betrachtet wird, ohne die Pyrolyseprodukte aus den Antriebsaggregaten. Diese Situation ist vergleichbar: VOC + Triorganophosphate.
Zur Rolle der Acetylcholinesterase bzw. der Blockade der AC-Rezeptoren sei auf die Krankheit mit dem Namen Myastenia gravis verwiesen. Die MG ist lt. Pschyrembel eine extreme Form der Müdigkeit/Erschöpfung – „abnorme Ermüdbarkeit der Willkürmuskulatur“. Diese Diagnose ist älter als das chronische Müdigkeitssyndrom (CFS). Letztere ist i. d. R. nicht mit Muskelschwäche verbunden, in fortgeschrittenem Status konnte ich schon eine weitergehende Verlaufsform von CFS mit Muskelschwäche beobachten.
Die Trisphosphate werden in großen Mengen hergestellt und sind deshalb ubiquitär. Sie sind organisch-lipophile Stoffe, die in der Biosphäre akkumulieren.