Kombinationswirkungen
Gleiche Wirkung
In der Toxikologie galten Summierung von Wirkungen nur als wahrscheinlich, wenn gleichwirkende Substanzen in der Nähe der Wirkschwelle zusammenwirken, wie man etwa im „Handbuch der Umweltmedizin“ von Wichman, Schlipköter und Füllgraff noch heute nachlesen kann.
Dieser Effekt ist aber der harmlosere der wissenschaftlich bekannten Effekte.
Enzym-Blockade
Doch bereits Ende der 50er Jahre war bekannt, dass Malathion 50-fach stärker wirkt, wenn andere OP den Abbau in der Leber hemmen. So ergaben sich Unfälle auch bei geschultem Personal. Die Enzyme des Entgiftungssystems sind vielfältig und die Möglichkeiten, diese zu blockieren, auch.
Potenzierung
Noch höhere Potentiale entstehen, wenn völlig unterschiedliche Wirkweisen aufeinandertreffen. So gilt Chrom III als harmlos. Dies liegt aber daran, dass Chrom III normalerweise nicht ins Zellinnere dringen kann. Werden aber die Membran-Channels verändert, wird Cr III zum potenten Zellgift. Die Veränderung der Membranfunktionen erfolgt durch lipophile Stoffe, die sich zwischen den beiden Membranschichten einlagern. Dies hat Witte in den 90er Jahren systematisch erforscht. Schon winzige Mengen lipophiler Stoffe senken die Wirkschwellen von OP und Schwermetallen enorm. Dies lässt sich durch In-vitro-Versuche nachweisen.
Tierversuche im Rahmen der Golfkriegsstudie zeigen die nochmalige Steigerung der Kombinationswirkung, wenn eine dritte Substanz hinzutritt.
Epidemiologisch
Die Golfskriegsstudie stellt einen großen wissenschaftlichen Durchbruch dar. Sie zeigt, wie eine unglückliche Kombination eines harmlosen Insektenvertreibungsmittel, eines Flohmittels und die Imprägnierung der Uniformen mit einem präventiven Mittel gegen Giftgasangriffe zu schweren Erkrankungen führt. Hier treffen ganz unterschiedliche Wirkweisen aufeinander.
Die Golfkriegs-Studie von 1997 näherte sich dem Problem toxikologisch – durch Tierexperimente – und umweltmedizinisch – durch Computerauswertung der Symptomkomplexe. Sie zeigt, dass die Symptomatiken, mit denen die Neurologen zunächst nichts anzufangen wussten, Überlagerungen der für die Einzelsubstanzen zu erwartenden Syndrome sind. So konnte die immer wieder bemängelte "unklare Genese" ebenso aufgeklärt werden wie der Unglauben gegenüber der Wirkung so niedriger Konzentrationen. Die Tierexperimente zeigten die Senkung der Wirkschwellen an und das Effektmonitoring bewies die Wirkung der vier Substanzen, die in die engere Wahl geraten sind.
Lösungsmittel kommen in aller Regel als Gemisch vor und sind fast ausnahmslos neurotoxisch. Seit den 70er Jahren bestätigen epidemiologische Studien wiederholt, dass diese Gemische zu irreversiblen Nervenschäden führen. Deshalb wurde auch eine Berufskrankheit mit der Listennummer 1317 eingeführt, die vom Ein-Stoff-Prinzip abweicht. Ende der 80er Jahre bestätigte eine groß angelegte Studie in den USA Erkrankungen durch VOC unterhalb der Orientierungswerte der Einzelkomponenten (TEAM-Studie; Total Exposition Assessment Method) link A I, 7 (VOC).