Funktionelle Medizin
Was ist funktionelle Medizin?
Die funktionelle Medizin erklärt Krankheit - insbesondere die "modernen" chronischen Erkrankungen - aus Inkompatibilitäten von genetischen Prädispositionen und Umwelteinflüssen aller Art. Das gilt für sog. Zivilisationskrankheiten, Alterskrankheiten und die klassischen Umweltkrankheiten, also die direkten Folgen chronischer Intoxikation. Wissensfundus sind die ineinandergreifenden Stoffwechselkreisläufe im Organismus. Sie ist der Inneren Medizin verwandt, geht aber über die organbezogene Medizin hinaus.
Grundlage sind die Erkenntnisse der Biochemie, deren klinische Relevanz geprüft wurde. Die funktionelle Medizin (FM) entwickelte sich aus der Orthomolekularmedizin, der Ernährungsmedizin, der Umweltmedizin, der mitochondrialen Medizin sowie der Immunologie und Allergologie. Therapeutisch kommt sie den Heilprinzipen des Hippokrates sehr nahe.
Für die FM ist es keine Hürde, danach zu fragen, wie ein Funktionsdefizit der Leber mit Gelenkschmerzen zusammenhängt oder ein chronischer Entzündungsherd mit chronischer Müdigkeit. So ähnelt sie im Ergebnis oft dem, was manche "ganzheitliche Medizin" nennen. Grundlage sind letztlich die Ergebnisse klinischer Studien aus dem Bereich physiologisch-biochemischer Diagnostik.
Chronische Erkrankungen
Die funktionelle Medizin ist vor allem Medizin der zunehmenden chronischen Erkrankungen. Sie ist das Pendant zur herkömmlichen Akutmedizin. Chronische Erkrankungen haben die Akuterkrankungen in ihrer Bedeutung - vor allem, was die Kosten anbelangt - überholt. Deshalb nennt sie sich die Medizin des 21. Jahrhunderts. Die Erklärung der chronischen Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer, chronische Darmentzündung oder CFS setzt an bei der Beobachtung wie sich die Umwelt auf die Genexpression (Aktivierung oder Deaktivierung von Enzymen) auswirkt: Wie verändern Ernährung, Schadstoffe, Stress etc die Genexpression im Laufe der Jahre und wie können aus Unverträglichkeiten spezifische biochemischen Dysfunktionen entstehen. Aus diesen grundlegenden Erkenntnissen wurden diagnostische Tests und therapeutische Maßnahmen zur Stützung des Organismus und zur Überwindung der Dysfunktionen entwickelt.
Ernährung
In Bezug auf Ernährung wird nicht gefragt, ob eine bestimmte Ernährungsweise gesund oder ungesund ist, sondern ob eine bestimmte Ernährungsweise zu einem bestimmten genetischen Profil bzw. schon aufgetretenen Dysfunktionen passt oder nicht. Ausgehend davon werden präventiv-medizinische und therapeutische Maßnahmen abgeleitet.
Stoffwechselprozesse und Regelkreise
Der Stoffwechsel im Organismus erfolgt durch Gleichgewichtsreaktionen. Diese bilden verschiedene Stoffwechselkreisläufe - z. B. Citratcyclus, Stickstoffkreislauf, etc. Jede der Reaktionen wird durch ein Enzym gesteuert, die Aktivität der Enzyme durch die Genexpression am Genom, diese wiederum durch Botenstoffe.
Störungen dieser Gleichgewichte können Auftreten durch Überlastung, Mangel von essentiellen Stoffen oder ein sich Aufschaukeln von Teilstörungen in den Steuerungssystemen des Organismus. Deshalb ist
es das Charakteristische solch chronischer Krankheiten, dass sich in aller Regel Dysfunktionen des zentralen und peripheren Nervensystems, des Immunsystems und des Endokrinums finden lassen.
Querverweis zur Umweltmedizin: Es ist sicher keine Zufall, dass eine große Anzahl der Chemikalien unseres täglichen Lebens neuro-, immuno- oder endokrinotoxisch sind. Vielfach stören sie - wie die Graphik zeigt - mehrere Steuersysteme des Organismus' simultan.
Aus dem bisher Dargestellten lässt sich ableiten, dass grundsätzlich eine große Anzahl von Parametern abzuklären sind, um ein Krankheitsbild, das vielfach als diffus beschrieben wird, einzugrenzen und zu präzisieren. Dies ist auch tatsächlich der Fall und eine große Anzahl von Studien beweist auch die klinische Relevanz von teilweise komplexen Parametermustern.
Das Gleiche gilt auch für Therapieansätze. Sie sind durchweg vielfältig und komplex.
Erkrankung als individueller Vorgang
Die daraus resultierenden Erkrankungen zeigen ein entsprechend vielfältiges Symptombild. Dies war in der Vergangenheit oft Anlass, den Patienten nicht zu glauben und ihnen eine "Rentenneurose" anzudichten oder eine psychosomatische Verlegenheitsdiagnose zu stellen.
Darüber hinaus sind die Symptome durchweg unspezifisch.
Das heißt aber nicht, dass es sich um nicht definierbare Erkrankungen handelt. Spezifisch sind Symptommuster. Erkrankungen lassen sich durch Symptommuster so trennscharf definieren, dass selbst zwei solche Erkrankungen diagnostiziert werden können, wenn sie gleichzeitig auftreten.
Die Definitionen mit ihrer großen klinischen Bandbreite lassen eine entsprechend große individuelle Bandbreite der Ausprägung zu. Keine zwei Fälle sind gleich. Der Organismus, der in seinen Grundfunktionen gestört ist, zeigt an der schwächsten Stelle die Symptome zuerst und zeigt an den Schwachstellen die schwersten Defizite, wenn die Krankheit vorangeschritten ist.
Die Erkrankung wird deshalb in der Funktionellen Medizin auch als individueller Vorgang begriffen und nicht in ein starres Ursache-Wirkungs-Schema gepresst.
So kann beispielsweise ein chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS) mehrere Ursachen haben: Bakterien, Viren, Allergien, Umweltschadstoffe oder Stress. Soweit diese Einflüsse geeignet sind, die Hypothalamus-Hypophyse-Adrenalin-Achse zu beeinflussen und eine entzündliche Reaktion des Immunsystems hinzutritt, wird ein pathologischer Zyklus in Gang gesetzt, der sich zum Selbstläufer entwickelt. Letzteres bewirkt die Chronifizierung der Erschöpfung. Der Zyklus bewirkt ein Heraustreiben vieler Stoffwechselprozesse aus ihren verträglichen Konzentrationsbereichen, u.a. werden hochreaktive Oxidantien erhöht, die vor allem die Funktion der Mitochondrien und damit die Energieversorgung der Zellen schädigen. Die Therapie muss die Ursache beseitigen und dann den Selbstläufer stoppen. Die dazu notwendigen Tests stehen zur Verfügung.
Weitere Informationen
Funktionelle Medizin – Institut für Umweltkrankheiten, Bad Emstal